Lagerung

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Werden Zigarren nicht innert kurzer Zeit (je nach klimatischen Bedingungen max. einige Tage) nach dem Kauf geraucht, sind sie in einen Humidor zu lagern. Bezüglich richtiger Lagerung (Temperatur, Lüftung, Luftfeuchtigkeit, Befeuchtungssystem) gibt es unzählige Meinungen. Wir stützen und auf das Know-how des international renommierten Spezialisten Marc André, Geschäftsführer von DER HUMIDOR und gefragter Referent zur Thematik. Die Texte basieren unter anderem auf Marc Andrés Texten, die er für das Fachmagazin Cigar Clan verfasst hat.

Temperatur

Zigarren sollten bei einer relativen Feuchtigkeit von circa 70 Prozent gelagert werden. Das ist hinlänglich bekannt. Dieser Feuchtigkeit ausgesetzt, nehmen die Zigarren genau jene Menge an Wasser auf, die sie für eine mustergültige Reifung benötigen, was wiederum für geschmeidige Tabakblätter und hervorragenden Abbrand sorgt. Während die Luftfeuchtigkeit unumstritten ist, wird die Frage der richtigen Temperatur mitunter kontrovers diskutiert. Zimmertemperatur sagen die einen; von 16 bis 18 Grad Celsius ist bei anderen die Rede. Und manch beratungsresistenter Raucher legt die Zigarren auch heute noch in seinen Kühlschrank. Was hat es mit den genannten "Weisheiten" und den zu beobachtenden Praktiken auf sich – und vor allem: Worauf gründen sie sich?

Tabakaromen können leicht flüchtig, aber auch hochresistent sein. Hier tut sich also eine enorme Bandbreite auf. Sind Aromen an eher flüchtige Stoffe wie etwa ätherische Öle gebunden, so bewirken höhere Temperaturen durchaus ein schnelleres "Verdunsten" dieser Aromen. Besonders leicht nachvollziehbar ist dieser Umstand beim relativ flüchtigen Ammoniak, das bei frischen Zigarren den typischen leicht animalischen Geruch zu verantworten hat. Wird eine Zigarre relativ kühl gelagert, so behält sie diesen Geruch länger, als das bei höheren Temperaturen der Fall ist.

Es gibt Stimmen, die ein möglichst langsames "Abdampfen" des Ammoniaks befürworten, da dieser Vorgang für eine potenzielle Langzeitlagerung die bestmögliche Basis für den Aromenbildungsprozess darstelle. Von einem verlangsamten Nachfermentationsprozess ist dann die Rede. Das jedoch ist etwas verwirrend: Weil die ideale Fermentationstemperatur des Tabaks zwischen 50 und 60 Grad Celsius liegt, ist für eine fertige Zigarre der Terminus "Fermentation" (s. Tabakanbau) unzutreffend. Zwar können sowohl aerobe Vorgänge als auch mikrobielle und enzymatische Prozesse als "Fermentation" bezeichnet werden, doch sollte hier der Begriff "Reifung" als deutliche Abgrenzung zur eigentlichen Fermentation des Tabaks verwendet werden. Wie dem auch sei, so stellt sich die Frage: Macht eine "kühle" Lagerung Sinn? Oder ist sie kontraproduktiv?

In einem Punkt sind sich die Experten einig: Bei Temperaturen unter 16 Grad Celsius entwickelt sich die Larve des Tabakkäfers nicht, und somit besteht auch keine Gefahr des Lochfrasses. Allerdings dürfte dieser Sachverhalt eher ein Argument der Vergangenheit sein – nahezu jeder qualitätsbewusste Importeur frostet seine Zigarren bei minus 30 bis minus 40 Grad Celsius und macht auf diese Weise den kleinen Schädlingen den Garaus. Lediglich bei Eigenimporten, beispielsweise aus Frankreich und Spanien, kann es zur "Einfuhr" des Schädlings kommen. Ist das der Fall, kann immer noch die heimische Kühltruhe helfen.

Ob nun eine gekühlte Lagerung tatsächlich Sinn macht, hängt von der Zielsetzung der Zigarrenlagerung ab. Sollen Zigarren auf lange Zeit im Sinne des Cigar Aging eingelagert werden, dann ist die Lagerung bei möglichst konstanten Feuchte- und Temperaturbedingungen angebracht, da hier der Tabak über Jahre Zeit hat, neue Aromen zu entwickeln, und zudem die Gefahr der Schimmelbildung sehr gering ist. Allerdings ist das in der Praxis nur möglich in grossen Räumen, in denen die Zigarren in Kisten gelagert werden.

Ansonsten bleibt festzustellen: Für den "normalen" Cigarrenraucher, der in seinem Humidor bzw. in seinem Humidorschrank sowohl Zigarren für den zeitnahen Konsum als auch einige Kisten zur Einlagerung über einen längeren Zeitraum aufbewahrt, ist die Lagerung bei Zimmertemperatur eine sinnvolle Empfehlung. Ob dann im Sommer das Thermometer einmal für drei Wochen 28 Grad Celsius im Humidor anzeigt, ist völlig irrelevant – vorausgesetzt, die relative Luftfeuchte weist zum einen den richtigen Wert auf und ist zum anderen konstant.

Temperaturschwankungen in einem Bereich von 15 bis 30 Grad Celsius zerstören eine Zigarre nicht. Bedeutend anders verhält sich das Ganze bei schwankender Luftfeuchtigkeit. Lagert die Zigarre zu feucht, dehnt sie sich aus. Wird dann die Umgebungsluft abrupt trockener, kann das schrumpfende Deckblatt die Spannungen der Einlage nicht mehr halten – es reisst. Deutlich sichtbares Ergebnis sind dann aufgesprungene Brandenden und geplatzte Deckblätter.

Da die relative Luftfeuchte stark temperaturabhängig ist, wird schnell klar, weshalb der Wunsch zum Erhalt einer konstanten Temperatur besteht – weil es unter dieser Bedingung einfach ist, eine konstante relative Luftfeuchte herbeizuführen. Leider ist das nur in der Theorie der Fall. Die Praxis sieht ganz anders aus.

Physikalischer Exkurs

Dass die Langzeitlagerung bei konstanter abgesenkter Temperatur vorteilhaft sein kann – dem ist zuzustimmen. Freilich nur dann, wenn ein ganzer Raum gleichmässig vollklimatisiert ist und tatsächlich sowohl eine konstante Temperatur als auch eine konstante relative Luftfeuchte herrschen, bzw. wenn die Feuchte individuellen Wünschen angepasst werden kann.

Problematisch gestaltet sich das Unterfangen, einen Zigarrenschrank zu kühlen, der sich in einem nichtklimatisierten Raum befindet (Wohnung, Keller, Gastronomie). Da es immer populärer wird, Weinklimaschränke als Humidor zu nutzen, ist es notwendig, auf diese Thematik näher einzugehen.

Quelle: Marc André

Zunächst eine physikalische Feststellung: Luft kann Wasser speichern, und zwar um so mehr, je wärmer sie ist. Der Begriff "relative Luftfeuchte" (rF) beschreibt dabei folgendes: 1 Kubikmeter Luft kann, gelöst als Wasserdampf, eine bestimmte Menge Wasser aufnehmen. 1 Kubikmeter Luft kann eine bestimmte Menge Wasser, gelöst als Wasserdampf, aufnehmen. Bei 20 Grad Celsius sind das maximal 17,3 Gramm Wasser. Mehr ist rein physikalisch nicht möglich. Denn dann ist die Luft mit Wasser gesättigt, und es herrschen 100 Prozent relativer Luftfeuchte. Würde man der Luft mehr Wasser zuführen, so würde das Wasser als Nebel bzw. als Wassertropfen in der Luft verbleiben und nicht mehr gasförmig gelöst sein, das heisst, das Wasser würde auch als Niederschlag an den Wänden sichtbar werden.

70 Prozent relative Luftfeuchte bedeutet nun: In der Luft befinden sich, stets bezogen auf die aktuelle Temperatur, 70 Prozent der physikalisch maximal möglichen Wassermenge. Bei 20 Grad Celsius sind das demnach: 0,7 x 17,3 Gramm = 12,1 Gramm Wasser (gelöst) pro Kubikmeter Luft. 15 Grad Celsius warme Luft kann pro Kubikmeter Luft hingegen nur noch 12,8 Gramm Wasser aufnehmen. Bei dieser Temperatur wären bei 70 Prozent relativer Luftfeuchte also nur noch 0,7 x 12,8 = 9 Gramm Wasser (gelöst) pro Kubikmeter Luft vorhanden.

Aged Cigars

Der bekannteste Verfechter von jahrzehntelanger Lagerung von Zigarren ist sicherlich Min Ron Nee, der Autor von "Eine Illustrierte Enzyklopädie der postrevolutionären Havanna-Cigarren". Er schreibt, dass die Reifeperioden - wie bei grossen Weinen - in Zeiträumen von Jahrzehnten gemessen werden müssten. Dass Zigarren nach einigen Jahren im Humidor schon besser schmecken würden, bezeichnet er als Klischee. Min Ron Nee unterscheidet vier Perioden der Reifung:

  • Sick period: Abbau von Ammoniak; einige Monate bis 2 Jahre
  • Erste Reifung: laufende Fermentation; je nach Stärke und Verpackung (Normal- oder Cabinetkiste) 2 bis 15 Jahre
  • Zweite Reifung: Tanninabbau & Reaktion der Abbauprodukte mit den durch die Fermentation entstandenen Aromen; 15 bis 25 Jahre
  • Dritte Reifung: umfassende chemische Reaktionen (nicht bei allen Zigarren möglich); nach über 20 Jahren

Für solcherlei Reifung braucht es lediglich 50 bis 60 Prozent Luftfeuchtigkeit und möglichst wenig Frischluft. Hand aufs Herz: Für die meisten von uns bleibt das pure Theorie.

Wiederbelebung trockener Zigarren

In einem Tip of the Week widmete sich Cigar Aficionado Online einem Evergreen: Wie werden trockene Zigarren behandelt? Geduld sei entscheidend, schreibt die Redaktion. Zu schnell zu viel Feuchtigkeit könne das Deckblatt beschädigen. Cigar Aficiondo Online schlägt folgendes Vorgehen vor: Die trocken Zigarren seien am Anfang der Wiederbelebungsphase im Humidor möglichst weit weg von den Befeuchtungselementen zu platzieren. Bei kleinen Humidoren sollten die Zigarren für die ersten Tage in eine Plastiktüte gesteckt werden. Nachher, während der nächsten Wochen oder gar Monaten, sollten die Zigarren den Befeuchtungselemente schrittweise angenähert werden. Dies schütze die Deckblätter vor Beschädigungen und verhelfe den Zigarren - eventuell - wieder zu ansprechenden Rauchbedingungen. Aber: Wenn eine Zigarre zu trocken sei, könne der ursprüngliche Geschmack nicht wieder hergestellt werden. Geduld hin oder her.

Eine andere Methode steht in den FAQ von ClubMacanudo: "Sind Zigarren ausgetrocknet, ist es nicht einfach sie wieder geniessbar zu machen. Prinzipiell ist es jedoch möglich die entwichene Feuchtigkeit wieder zuzuführen. Man legt die Kiste mit den ausgetrockneten Zigarren zusammen mit einem feuchten Schwamm in einen Plastikbeutel. Schließen Sie den Beutel so, dass fast kaum noch Luftaustausch stattfindet. Dann legen Sie das ganze etwa 1 - 2 Tage in den Kühlschrank. Nach ein Paar Tagen sollten Sie den Beutel aus dem Kühlschrank wieder herausnehmen und ihn ca. 1 Woche in einem 20 °C warmem Zimmer aufbewahren - bzw. die Zigarren in einen Humidor mit etwas erhöhter Luftfeuchtigkeit 85% legen. Grundsätzlich muss man die Feuchtigkeit genauso langsam wieder hinzuführen wie sie entwichen ist. Eine wieder befeuchtete Zigarre wird jedoch nie wieder das Bouquet und Aroma erreichen, dass eine frische korrekt gelagerte Zigarre hat."

Wer im Internet z.B. nach "restoring cigars" sucht, findet unzählige weitere Vorgehensweisen. Neptun Cigars zum Beispiel führt 6 verschiedene Methoden auf.

Frischluft & Umschichtung

Laut Cigar Aficionado Online sollten Zigarren alle zwei oder drei Monate - selbst in den besten Humidoren - umplatziert werden. Dies, weil die einzelnen Humidor-Bereiche nicht gleiche Feuchtigkeitswerte hätten, respektive unterschiedlich weit von den Befeuchtungselementen entfernt seien. Das Prinzip lässt Cigar Aficionado Online auch für Walk-in-Humidore gelten. Und: Zigarren mit ungenügend Feuchtigkeit müssten regelmässig in Gebinde mit höherer Feuchtigkeit gelegt werden.

Quellen & Links